Ist Milch gesund oder ungesund? Überblick zu aktuellen Studien
Ist Milch gesund oder ungesund? Milch und Milchprodukte stellen seit Hunderten von Jahren für viele Menschen die Versorgung mit den wichtigsten Nährstoffen sicher. Doch die Frage, ob das Grundnahrungsmittel Milch wirklich so gesund ist, wird in den letzten Jahren immer öfter gestellt.
Inzwischen gibt es mehrere Studien, welche den Nutzen von Kuhmilch für eine gesunde Ernährung anzweifeln. Und manche davon gehen sogar so weit, dass es – zumindest für Erwachsene – gesünder sei auf Kuhmilch zu verzichten. Was ist dran an diesen Studien? Ist Milch tatsächlich ungesund?
In diesem Artikel fassen wir den aktuellen Wissensstand zu den gesundheitlichen Vor- und Nachteilen von Milchkonsum zusammen. Dabei gehen wir unter anderem auf diese Punkte und Fragen ein:
Milch als Grundnahrungsmittel
Fast auf der ganzen Welt ist Milch ein Grundnahrungsmittel. Milliarden von Menschen verzehren jeden Tag Kuhmilch und Milchprodukte wie Käse, Joghurt oder Kefir.
Dies bringt viele Vorteile mit sich, denn Milch enthält fast alle Nährstoffe, die der Körper benötigt: Eiweiss, Fett und Kohlenhydrate, ausreichend Kalorien und Wasser. Milch ist auch ein wichtiger Lieferant für Kalzium, Magnesium, Phosphor, Zink, Jod und die Vitamine B2, B12 und D.
Schon ein Glas Milch (200 ml) enthält ungefähr 240 mg Kalzium und deckt so ca. 25 % des Tagesbedarfs. Mit einem Eiweißanteil von über 20 % der Kalorien liefert Milch auch wichtige Proteine für den Erhalt und den Aufbau von Muskeln.
So stellen Milch und Milchprodukte täglich die Ernährung von Millionen Menschen sicher. Und gerade auch für Kinder und Jugendliche in der Wachstumsphase gilt Milch deshalb als sehr empfehlenswert.
Milch und Milchprodukte: gesund oder ungesund?
Doch diese positiven Effekte für die Gesundheit sind seit einiger Zeit nicht mehr unumstritten. In den letzten Jahren kommen immer wieder Zweifel auf, ob Kuhmilch wirklich so gesund ist.
So gibt es einerseits viele Menschen, die Milch nicht vertragen, weil sie eine Laktoseintoleranz oder eine Milch-Allergie haben. Die Anzahl der Menschen, die an Allergien leiden nimmt seit vielen Jahren in den Industrienationen ständig zu.
Dann gibt es verschiedene Gruppen, die den Konsum von Kuhmilch ablehnen oder einfach keine Milch trinken möchten, wie zum Beispiel Veganer oder Menschen, welche die moderne Tierhaltung kritisieren.
Daneben gibt es aber auch immer öfter Berichte, die Milch als gar nicht so gesund darstellen, wie man es noch vor einigen Jahren allgemein angenommen hat. Manche Studienergebnisse werfen sogar Bedenken auf, ob Kuhmilch eigentlich überhaupt für die Ernährung des Menschen zu empfehlen ist.
So soll Milch zu Rheuma, Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas), Diabetes und Erkrankungen von Herz und Kreislauf führen. Der regelmäßige Konsum von Kuhmilch soll bei Frauen das Risiko für Brustkrebs und bei Männern das Risiko für Prostatakrebs erhöhen.
Wie gesund ist Milch?
Was ist dran an diesen Studien und Ergebnissen? Ist Milch tatsächlich ungesund? Und falls ja, welche Bereiche des Körpers sind betroffen? Im Folgenden fassen wir die Ergebnisse der wichtigsten Studien zusammen, in welchen der Effekt von Milch auf die Gesundheit untersucht wurde. Dabei geht es unter anderem um diese Themen:
- Nutzen von Milch für den Aufbau der Knochen
- Ist Milch gesund für Erwachsene?
- Schützt Milch vor Diabetes?
- Führt Milch zu Übergewicht?
- Ist Milch entzündungsfördernd?
- Ist Milch krebserregend?
Milch, Milchprodukte und Alternativen
Auch beschäftigen wir uns mit Milchprodukten wie Joghurt oder Käse sowie den Alternativen zu Milch, die immer beliebter werden: Sojamilch, Hafermilch, Mandelmilch usw. Dabei gehen wir zum Beispiel auf diese Fragen ein:
- Warum vertragen manche Menschen Milchprodukte wie Joghurt, Käse oder Kefir besser als Milch selber? Sind diese vielleicht gesünder für den Menschen?
- Und was ist mit den Alternativen wie Soja-Milch und Hafermilch oder auch Schafsmilch und Ziegenmilch?
Ist Milch gesund für die Knochen?
Um für die Gesundheit der Knochen zu sorgen, wird oft empfohlen, regelmäßig Milch zu trinken. Milch enthält mit 1.200 mg pro Liter sehr viel Kalzium. Auch Milchprodukte wie Käse enthalten viel Kalzium. So lässt sich mit Milch und Milchprodukten relativ einfach der Tagesbedarf von 1.000 mg Kalzium decken.
Kalzium ist der wichtigste Baustoff für gesunde stabile Knochen. Vor allem im Alter und insbesondere für Frauen wird empfohlen, auf eine ausreichende Zufuhr von Kalzium zu achten. Der regelmäßige Verzehr von Milch und Milchprodukten erscheint daher durchaus sinnvoll.
Neuere Studien haben allerdings gezeigt, dass der Konsum von Milch nicht wie erhofft vor Osteoporose und Knochenbrüchen schützt. Eine Studie ergab sogar einen Anstieg der Häufigkeit von Knochenbrüchen mit der täglichen Menge des Milchkonsums. Demnach hätte Milch also einen negativen Effekt auf die Stabilität und Gesundheit der Knochen.
Ob regelmäßiges Milch trinken einen positiven Effekt für die Knochen hat, ist also nicht unumstritten. Es ist allerdings auch sehr schwer, über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten einen kausalen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Knochenbrüchen und dem Konsum von Milch zu finden.
Auch ist die Aufnahme von ausreichend Kalzium über die Nahrung nur einer von viel Faktoren für die Knochenstabilität. Sehr wichtig für gesunde Knochen ist auch regelmäßige Bewegung und Sport, eine ausgewogene, vollwertige Ernährung und ein insgesamt gesunder Lebensstil.
Ist Milch gesund für Erwachsene?
Für Kinder und Jugendliche in der Wachstumsphase ist Milch aufgrund der vielen Nährstoffe, Vitamine und Mineralien ein wichtiges Nahrungsmittel. Für Erwachsene hingegen scheint der Nutzen nicht so eindeutig.
Der Milchkonsum führt bei immer mehr Menschen im Alter zu Beschwerden wie Verstopfung, Durchfall, Unwohlsein etc. Tatsächlich steigt der Anteil der Menschen, die Milch nicht vertragen, mit dem Alter an. Zudem gibt es eventuell negative Folgen für die Gesundheit, vor allem wenn man Milch in großen Mengen zu sich nimmt.
Wie viel Milch ist gesund?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, dass Erwachsene täglich 200 bis 250 ml Milch oder Buttermilch trinken sollten. Alternativ sind auch 200 g Joghurt oder Kefir von der DGE empfohlen. Zusätzlich sollten pro Tag etwa 50 bis 60 g Käse (ca. 2 Scheiben) auf dem Speiseplan stehen.
Durch diese Menge hat man den Tagesbedarf an Kalzium (1.000 mg) abgedeckt und sorgt für eine Versorgung des Körpers mit vielen wichtigen Nährstoffen und Vitaminen. Gleichzeitig ist die Menge an Milch und Milchprodukten nicht zu groß. So werden Folgen, die der Verzehr von Milch in großen Mengen eventuell hat, vermieden.
Führt Milch zu Übergewicht?
Aufgrund des relativ hohen Anteils an Fett ging man lange Zeit davon aus, dass Menschen, die regelmäßig Milch trinken, leichter zu viel Kalorien zu sich nehmen. Das wäre mit einem höheren Risiko für Übergewicht verbunden, was wiederum die Gefahr für Erkrankungen wie unter anderem Diabetes, Bluthochdruck und Herzerkrankungen erhöht.
Insbesondere für Vollmilch, Sahne und andere Milchprodukte mit einem hohen Fettanteil wurde deshalb angenommen, dass diese im Vergleich zu fettarmen Milchprodukten ungesund sind.
In Studien konnte dieser Zusammenhang aber nicht gefunden werden. Es wurde sogar eine positive Wirkung von Vollmilch für ein gesundes Körpergewicht festgestellt:
Menschen, die regelmäßig Vollmilch trinken, haben im Allgemeinen weniger oft Übergewicht.
Bei fettarmer Milch wurde – im Vergleich zu Vollmilch – hingegen ein erhöhtes Risiko für Übergewicht festgestellt. Dies mag zunächst verwundern, da man denken könnte, es musste genau umgekehrt sein.
Tatsächlich wurde viele Jahre dazu geraten, fettarme Milch statt Vollmilch zu trinken, weil diese gesünder wäre. Doch die Ergebnisse wurden immer wieder durch mehrere Studien bestätigt:
Menschen, die regelmäßig fettarme Milch trinken, haben ein höheres Risiko, Übergewicht zu bekommen als Menschen, die Vollmilch trinken.
Eine mögliche Erklärung ist, dass nach dem Trinken von Vollmilch der Hunger längere Zeit gesättigt ist als nach fettarmer Milch. Das führt dann dazu, dass man im Laufe des Tages weniger andere Mahlzeiten mit vielen Kalorien zu sich nimmt. Gesunde Fette haben viele Vorteile und machen auch nicht fett.
Milchprodukte mit einem noch höheren Fettanteil wie Sahne sollte man jedoch nicht so oft konsumieren. Und auch bei Vollmilch sollte man sich an die als gesund geltende Menge von ca. 1 Glas pro Tag halten, siehe das Kapitel: Wie viel Mich ist gesund?
Schützt Milch vor Diabetes?
In den letzten Jahren gab es mehrere Studien, welche den Zusammenhang von Milchkonsum und Diabetes Typ 2 untersuchten. Dabei wurde festgestellt, dass der Verzehr von Milch und Milchprodukten einer Entstehung von Diabetes vorbeugen kann:
Personen, die regelmäßig Milch trinken, erkranken demnach ca. 10 % seltener an Diabetes.
Dieser Effekt existiert allerdings nur bei Milchprodukten, die nicht im Fettanteil reduziert sind (Vollmilch, Vollmilchjoghurt etc.). Für fettreduzierte Milch und fettarme Milch wurde dieser positive Effekt nicht festgestellt. Auch für fermentierte Milchprodukte (Joghurt, Kefir) zeigte sich in den Studien eine vorbeugende Wirkung bezüglich Diabetes Typ 2.
Die Menge des regelmäßigen Konsums von Milchprodukten muss dabei nicht besonders groß ein: Die Gruppe, für die das geringe Diabetes-Risiko festgestellt wurde, verzehrte täglich 2 Portionen Milch oder Milchprodukte. Eine Portion ist dabei zum Beispiel ein Glas Milch oder ein Becher Joghurt.
Die gleichen Studien zeigten für den Verzehr von Vollmilchprodukten auch eine Verringerung des Risikos, am metabolischen Syndrom und Bluthochdruck zu erkranken. So wurde bezüglich dem metabolischen Syndrom eine vorbeugende Wirkung von ca. 25 % und bezüglich Bluthochdruck von ca. 10 % festgestellt.
Ist Milch entzündungsfördernd?
Zu diesem Punkt gibt es verschiedene Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen. In Laborstudien waren bei Menschen, die viel Milch trinken, die Entzündungsparameter im Blut etwas erhöht.
Als Grund hierfür wird die im Milchzucker Lactose enthaltene Galaktose angenommen. Aber auch die in Milch enthaltene Arachidonsäure, ein Omega-6-Fett, begünstigt Entzündungen.
In anderen Studien wurde allerdings festgestellt, dass der Verzehr von Milch eine entzündungshemmende Wirkung hat. Was bedeutet dies nun?
Ob Milch Entzündungen fördert, kann durchaus individuell verschieden sein und auch damit zusammenhängen, ob man allergisch ist oder eine (geringe) Unverträglichkeit gegenüber Milchzucker hat.
Menschen, die an Rheuma, Arthritis, Neurodermitis, Sinusitis oder anderen chronischen Entzündungen leiden, sollten deshalb den individuellen Test machen: Verzichten Sie für einen Zeitraum von 3 bis 4 Wochen konsequent auf Milch. Dabei ist auch auf den versteckten Milchzucker in vielen Lebensmitteln zu achten.
Wenn sich die Symptome dann verbessern, kann es durchaus Sinn machen, auf Milch und Milchprodukte langfristig zu verzichten. Chronische Entzündungen belasten den Körper und das Wohlbefinden. Es gibt viele Lebensmittel, die man als Ersatz für Milch wählen kann.
Ist Milch krebserregend?
Verschiedene Studien der letzten Jahre haben gezeigt, dass der Konsum von Milch bei Männern zu einem höheren Auftreten von Prostatakrebs führen kann. Bei Frauen wurde ein größeres Risiko für Eierstockkrebs und Brustkrebs festgestellt.
Bedeutet dies nun, dass Milch krebserregend ist? Auch hier kann man – ähnlich wie bei der Knochenbrüchen – nicht sagen, dass ein eindeutiger Zusammenhang besteht. Der Verzehr von Milch in sehr großen Mengen (über 1 Liter pro Tag) könnte allerdings eventuell die Entstehung von Prostatakrebs begünstigen.
Erwachsene sollten sich deshalb an der von der DGE empfohlenen Menge von 200 bis 250 ml Milch pro Tag orientieren.
Quellen
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