Circadianer Rhythmus: wie funktioniert unsere innere Uhr?
Der Mensch hat eine innere Uhr, welche im Wesentlichen dem 24 Stunden Zyklus von Tag und Nacht folgt. Dieser Circadiane Rhythmus kontrolliert viele wichtige Funktionen wie zum Beispiel das Schlafverhalten, die Körpertemperatur und den Hormonhaushalt.
Auch viele weitere Faktoren und Funktionen wie der Blutdruck, der Blutzuckerspiegel, das Immunsystem und der Stoffwechsel sind stark durch die circadiane Rhythmik beeinflusst.
Damit ist auch die körperliche und mentale Gesundheit eng mit dem circadianen Rhythmus verbunden. Dies hat wohl jeder schon gemerkt, der ein oder mehrere Nächte nicht gut durchschlafen konnte. Nicht nur die Stimmung ist dann schlechter, auch die Motivation und die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sind geringer.
Gerät unsere innere Uhr aus dem Takt, wirkt sich dies auf sehr viele Bereiche aus. Langfristig kann sich durch eine Störung des circadianen Rhythmus auch das Risiko für viele Krankheiten erhöhen.
Ein Zusammenhang mit der circadianen Rhythmik wurde unter anderem für diese Erkrankungen festgestellt:
- Diabetes
- Bluthochdruck
- Metabolisches Syndrom
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Depression
- Alzheimer
Wir sehen: Der circadiane Rhythmus ist sehr wichtig für die Gesundheit. Wie hängt dies genau zusammen? Was steuert die innere Uhr und was bringt sie aus dem Takt? Und was können wir tun, um einen gesunden, natürlichen Rhythmus zu fördern?
In diesem Artikel fassen wir die wichtigsten Informationen zum Thema Circadianer Rhythmus und seine Bedeutung für die Gesundheit zusammen.
Dabei gehen wir zuerst kurz auf die medizinischen und biologischen Hintergründe ein. Dann besprechen wir, welche Auswirkungen die innere Uhr auf die Gesundheit hat. Und wir geben eine Übersicht der Faktoren und Gewohnheiten, welche den circadianen Rhythmus positiv oder negativ beeinflussen.
Inhaltsverzeichnis
Circadianer Rhythmus
Was ist der circadiane Rhythmus?
Der Circadiane Rhythmus ist die innere Uhr des Körpers. Wie viele Lebewesen hat sich auch der Mensch im Laufe von vielen Millionen Jahren dem gleichbleibenden Wechsel von Tag und Nacht angepasst.
Dies ist sehr offensichtlich beim Schlaf-Wach-Rhythmus. Der menschliche Körper benötigt Schlaf und reguliert dies durch den Hormonhaushalt:
- Morgens, wenn das Auge Licht wahrnimmt, produziert der Körper Cortisol. Dieses Wachhormon aktiviert den Stoffwechsel und sorgt so für einen hohen Energieumsatz und mehr Leistungsfähigkeit am Tag.
- Am Abend, wenn es dunkler wird, produziert der Körper das Schlafhormon Melatonin. Dadurch erhöht sich das Schlafbedürfnis, wir werden müder und der Körper bereitet sich auf die Ruhephase in der Nacht vor. Nur mit ausreichend Melatonin können wir gut einschlafen und auch durchschlafen.
Der Schlaf-Wach-Rhythmus aus Schlafphase in der Nacht und Wachphase während des Tages wirkt sich sehr stark auf alle Körperfunktionen aus. Daraus resultiert vor allem auch ein unterschiedlicher Energiebedarf und Kalorienumsatz. Am Tag verbrauchen wir viel mehr Kalorien als in der Nacht.
Der Stoffwechsel und alle damit verbundenen Funktionen folgen diesem unterschiedlichen Energiebedarf für Tag und Nacht. So haben viele Körperfunktionen einen Rhythmus, welcher sich aus dem Wechsel von Tag und Nacht bzw. von Licht und Dunkelheit ergibt. Dazu gehören insbesondere:
- Die Körpertemperatur,
- die Herzfrequenz,
- der Blutdruck,
- der Hormonhaushalt,
- der Stoffwechsel,
- die körperliche Leistungsfähigkeit,
- der Blutzuckerspiegel,
- das Immunsystem.
Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig. Auch die mentale und geistige Leistung, die Psyche, Stimmung und die Motivation eines Menschen sind sehr stark vom circadianen Rhythmus beeinflusst.
Für so gut wie alle Funktionen des menschlichen Körpers ist ein circadianer Rhythmus feststellbar.
Die Anpassung der Körperfunktionen an den Tag-Nacht-Zyklus hat viele Vorteile: Die Funktionen des Körpers sind so optimal aufeinander abgestimmt und der Kalorienbedarf kann sehr gering gehalten werden. Gleichzeitig haben wir die optimale Leistungsfähigkeit am Tag und der Körper kann die Nacht zur Erholung und Regeneration nutzen.
Es bedeutet aber auch, dass Störungen in diesem Rhythmus den Körper aus dem optimalen Ablauf bringen. Dabei gibt es im modernen Leben eine Reihe von neuen Faktoren und Gewohnheiten, an die der menschliche Körper sich noch nicht anpassen konnte. Diese führen dazu, dass unsere innere Uhr aus dem Takt gerät. Hierauf gehen wir in diesem Kapitel genauer ein: Störungen des circadianen Rhythmus.
Andererseits haben wir Möglichkeit, die circadiane Rhythmik zu unterstützen und so den Körper in einem natürlichen Gleichgewicht zu halten. Dadurch stärken wir unsere Gesundheit und beugen vielen Krankheiten vor.
Hierzu geben wir eine Übersicht der wichtigsten Methoden und Tipps im Kapitel: Wie wir die innere Uhr im Takt halten.
Was bedeutet der Begriff Circadianer Rhythmus?
Circadian ist eine Zusammensetzung aus zwei Wörtern, die aus dem Lateinischen stammen. Circa bedeutet „ungefähr“ und dies bedeutet „Tag“. Der circadiane Rhythmus dauert also ungefähr einen Tag.
Zentrale und periphere circadiane Rhythmik
Genaugenommen verfügt der menschliche Körper nicht über eine, sondern viele innere Uhren. Dabei gibt es eine zentrale Uhr, welche sich im Gehirn befindet, sowie mehre untergeordnete Uhren. Diese existieren an sehr vielen Stellen des Körpers und werden unter dem Begriff periphere circadiane Rhythmik zusammengefasst.
Zentrale innere Uhr
Der zentrale Taktgeber des Körpers befindet sich im Gehirn im Hypothalamus und wird auf Lateinisch Nucleus suprachiasmaticus genannt. Die englische Bezeichnung hierfür lautet: suprachiasmatic nucleus oder abgekürzt: SCN.
Der SCN bestimmt den zentralen circadianen Rhythmus und kontrolliert so die meisten Körperfunktionen. Der SCN wird seinerseits vor allem durch die Menge an Licht geregelt, welches die Augen empfangen. Diese zentrale circadiane Rhythmik ist der Hauptgrund, warum so viele Körperfunktionen einem Tag-Nacht-Zyklus folgen.
Periphere innere Uhren
Durch medizinische Forschung weiß man seit vielen Jahren, dass die meisten Organe unseres Körpers über eigene innere Uhren verfügen. So wurde ein Zyklus von ca. 24 Stunden unter anderem für die Funktion dieser Organe festgestellt: Bauchspeicheldrüse, Leber, Nieren, Schilddrüsen, Herz und Magen.
Nach neueren Forschungen besitzt wahrscheinlich sogar jede Zelle des Körpers eine biologische Uhr. Diese molekularen inneren Uhren folgen einem 24-Stunden-Takt und werden durch die Gene und Proteine reguliert.
Die periphere circadiane Rhythmik funktioniert zum Teil unabhängig von dem zentralen Taktgeber (SCN). Gleichzeitig gibt es Mechanismen, durch welche die zentrale innere Uhr die peripheren Uhren beeinflusst und steuert.
Dies ist insbesondere für die optimale Koordination der vielen inneren Uhren wichtig. Andererseits kann eine Störung des zentralen circadianen Rhythmus bewirken, dass die inneren Uhren aus dem Takt geraten.
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Circadiane_Rhythmik
https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitskurve
https://de.wikipedia.org/wiki/Cortisol
https://de.wikipedia.org/wiki/Melatonin
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